Smart Charging von Elektrofahrzeugen ist die Zukunft, da sind sich viele Experten einig. Auf diese Art können E-Autos dann aufgeladen werden, wenn viel Strom im Netz verfügbar ist. Wird die Energie in Spitzenzeiten knapp, kann sie aus den Elektroautos sogar wieder ins öffentliche Stromnetz zurückfließen. Über die Batterien eines Elektroautos kann z. B. ein durchschnittlicher Haushalt eine Woche lang mit Strom versorgt werden.
„Smart Charging“ meint das intelligente Laden von Elektroautos. Elektrofahrzeuge laden immer dann, wenn es wirtschaftlich sinnvoll ist. Das umfasst zum einen Ladevorgänge in Zeiten, in denen der Strom günstig ist. Zum anderen bedeutet Smart Charging auch Lastmanagement: die Anpassung der Ladegeschwindigkeit und -leistung an die verfügbare Netzkapazität und die Bedürfnisse des Autobesitzers. Lastmanagement stellt sicher, dass Elektrofahrzeuge an ihrem Standort optimal geladen werden. Ob zuhause oder am Arbeitsplatz – intelligentes Laden vermeidet hohe Netzaufrüstungskosten sowie Spitzentarife und nutzt den vorhandene Netzanschluss optimal.
Es gibt verschiedene Arten des Smart Charging: das “Lastspitzen-Management”, ein zeitlich festgelegtes Starten und Stoppen des Ladevorgangs, und das Vehicle-to-Grid-Konzept (V2G), das Ladevorgänge in zwei Richtungen erlaubt.
Verteilnetzbetreiber bzw. -anlagen können ein Signal an den jeweiligen Ladepunkt senden, um das Laden von E-Autos im Falle von Lastspitzen zu regulieren oder abzubrechen. Das funktioniert dank Echtzeitdaten über die am jeweiligen Standort zur Verfügung stehende Energie. Fahrer von Elektroautos stecken ihr Fahrzeug bei Ankunft an, der Ladevorgang beginnt jedoch erst zum festgelegten Zeitpunkt oder wenn die Strompreise am günstigsten sind. Dadurch kann die Spitzenlast zu Zeiten mit hoher Nachfrage reduziert und die Lastverteilung in Richtung nachfrageärmerer Zeiten optimiert werden. So wird die Netzbelastung insgesamt geglättet.
Das McKinsey Zentrum für Zukunftsmobilität1 kam bei einer Studie auf Basis von 150 Haushalten zur Voraussage von Veränderungen in der Lastkurve in Wohngebieten zu dem Ergebnis, dass die lokale Spitzenlast in Wohngebieten bei einem Anteil von E-Autos von 25% durch die oft gleichzeitigen Ladevorgänge in den frühen Abendstunden um ca. 30% ansteigen würde. Durch einen Anreiz zur Nutzung von günstigeren Stromtarifen nach Mitternacht, könnte die Lastkurve verschoben werden und die Lastspitze in den frühen Abendstunden um fast 50% gesenkt werden.
Die Vehicle-to-Grid-Technologie, kurz V2G, macht geparkte Elektrofahrzeuge zu mobilen Energie-Anbietern. Wie? Abhängig von der Energie-Nachfrage speisen Elektroautos Strom aus der Fahrzeugbatterie zurück in das Stromnetz oder werden flexibel geladen. Die dynamische Anpassung der Ladegeschwindigkeit/-leistung (kWh) auf Basis der unmittelbaren Verfügbarkeit der Netzkapazität stellt die nächste Stufe von „Smartness“ dar. Diese Art des Ladens wird als aktiver oder dynamischer Lastausgleich bezeichnet.
Viele intelligente Ladestationen auf dem Markt bieten einen statischen Lastausgleich. Das heißt, die gesamte verfügbare Netzkapazität wird gleichmäßig aufgeteilt. InCharge von Vattenfall hingegen ermöglicht einen „dynamischen“ Ausgleich der Last: Die Überwachung erfolgt aktiv in Echtzeit, sodass der Nutzer vom Laden mit hoher Leistung profitiert. Gleichzeitig ist sichergestellt, dass der Stromanschluss nicht überlastet wird.
Beim statischen Lastmanagement steht eine fixe Ladeleistung zur Verfügung, die gleichmäßig auf die verschiedenen Ladepunkte verteilt wird. In unserem Beispiel wird die Ladeinfrastruktur über einen eigenen Netzanschluss versorgt und kann freie Kapazitäten aus der Liegenschaft nicht nutzen.
Beim dynamischen Lastmanagement nutzt die Ladeinfrastruktur auch freie Leistung, die im Gebäude nicht gebraucht wird. Zusätzlich wird die vorhandene Leistung auf die fahrzeugspezifischen Anforderungen aufgeteilt.
Für wen welche Art des Lastmanagements geeignet ist, erfahren Sie in unserem Artikel „So sparen Sie mit intelligentem Lastmanagement Kosten“.
Durch die Nutzung erneuerbarer Energien sind Angebot und Nachfrage nach Strom sehr unregelmäßig. Energiespeicher werden benötigt. „Als Batterie auf Rädern könnten Elektroautos diese Funktion übernehmen und zur Glättung von Versorgungsspitzen beitragen“, sagt Tim Hoogvliet von Vattenfall InCharge. Mit über 3.500 Ladesäulen kümmert er sich um einen Großteil der öffentlichen Ladesäulen in Brabant. Hier und in Limburg wurden Tausende klassischer Ladesäulen bis November 2023 auf die neue V2G-Technologie umgerüstet – in diesem großen Stil eine Premiere.
In Den Haag baut Vattenfall InCharge aktuell 3.200 neue intelligente Ladepunkte auf. Auch das Elaad, Wissens- und Innovationszentrum in Arnheim, erforscht intelligentes und nachhaltiges Laden von Elektroautos. „Die V2G-Technologie steckt noch in Kinderschuhen, längst nicht alle Fahrzeuge eignen sich dafür. Dennoch ist die Methode vielversprechend“, prognostiziert Eric von Kaathoven, Elaad.
Der erste Schritt von Smart Charging ist das Laden auf der Grundlage von Preis, Angebot und/oder Netzbelastung, erklärt Hoogvliet. „Die Einspeisung ist eine Ergänzung dazu. Für den Autofahrenden sollte sie finanziell interessant werden. Und freiwillig. Es wäre gut, wenn man angeben kann, ob man innerhalb eines bestimmten Zeitraums einspeisen will. Oder einfach eine Zeit lang nicht”, erklärt er. „Dann können Sie immer mit einem vollen Akku unterwegs sein.“
Sie möchten unterwegs möglichst einfach und zu transparenten Preisen Strom tanken? Dann nutzen Sie unsere kostenlose InCharge Key Ladekarte. Unser Netzwerk bietet Zugriff auf Ladepunkte in ganz Europa. Die nächstgelegene freie Ladestation finden Sie ganz einfach über die Vattenfall InCharge App. Mit Bestellung der Ladekarte bekommen Sie automatisch Zugang zum My InCharge-Portal, in dem Sie alle Ladeaktivitäten übersichtlich nachvollziehen können.
In Deutschland sind die öffentlichen Ladepunkte weit von einer einheitlichen Strategie entfernt. Sie werden von über 2.000 verschiedenen Anbietern betrieben: Stromversorgern, Stadtwerken und Unternehmen. Es gibt kein einheitliches Bezahlsystem.
Die meisten Ladepunkte sind zudem noch nicht „intelligent“, um die Vorteile der neuen Vehicle-to-Grid-Technologie auszuschöpfen. „Wir benötigen eine standardisierte Kommunikation zwischen den Verteilnetzbetreibern und der Ladestation sowie zwischen dem Elektrofahrzeug und dem Ladepunkt, um auf die Netzsituation und den Batteriestatus bestmöglich reagieren zu können“, so Alfred Hoffmann, Director Sales & Operations E-Mobility Germany, Vattenfall.
Auch die Umsetzung punktpreisbasierter Versorgungstarife und differenziertere Netztarife, wie z.B. die Time-of-Use-Tarifierung, können helfen, Smart Charging in Deutschland attraktiver zu machen. Beides wurde mit der neuen europäischen Marktreform in Angriff genommen und wird das intelligente Laden erheblich erleichtern.
Alfred Hoffmann ist zuversichtlich: „Elektrofahrzeuge verfügen über die erste Technologie, die nicht nur zeitliche, sondern auch räumliche Flexibilität für das Energiesystem bietet. Wenn Sie Ihr Auto nachts zu Hause aufladen und zu Spitzenzeiten in Ihrem Büro entladen, werden sowohl die Stromrechnung als auch die Netzkosten gesenkt. Wir werden in diesem Jahrzehnt erstaunliche Entwicklungen für diese Anwendungsfälle erleben.“
Angesichts einer zunehmenden Zahl von Elektrofahrzeugen kann Smart Charging die E-Mobilität in Deutschland weiter voranbringen. Es ermöglicht nicht nur intelligentes Laden, sondern kann auch die Schwankungen von Angebot und Nachfrage nach erneuerbaren Energien im Stromnetz ausgleichen. Die Niederlande rüsten aktuell Tausende klassischer Ladesäulen für das Smart Charging mit Vehicle-to-Grid-Technologie um. Für ein „intelligentes Laden“ in Deutschland müssen hingegen noch viele Standards eingeführt werden – für Stromanbieter, Ladestationen und Elektrofahrzeuge.
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Quellen:
1 Forschungsbericht von McKinsey: https://www.mckinsey.com/industries/automotive-and-assembly/our-insights/the-potential-impact-of-electric-vehicles-on-global-energy-systems