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04.07.2023 | 4 Minuten

Retrofitting: Aus dem Diesel wird ein Stromer


Bei der Umstellung eines Unternehmensfuhrparks auf Elektroantrieb kann der Umbau vorhandener Verbrenner eine kostensparende Alternative zum Neukauf elektrobetriebener Fahrzeuge sein.

Die Elektromobilität ist eine Herausforderung für Unternehmen

Der Elektromobilität gehört die Zukunft: In Deutschland erhöhte sich der Bestand allein an Pkw mit Elektroantrieb zwischen 2012 und 2022 von etwa 4.500 auf über 1.013.000 Fahrzeuge. Allein 2022 gab es über 700.000 mehr Neuzulassungen für E-Autos als noch im Jahr zuvor.

Der Trend führt also weg vom konventionellen Verbrennungsmotor hin zum emissionsfreien Elektroantrieb. Das betrifft nicht allein die Pkw, sondern auch größere Fahrzeuge. Immer mehr Verkehrsgesellschaften, Speditionen und andere Unternehmen stellen ihren Fuhrpark von bislang meist dieselbetriebenen Transportern, Lkw oder Bussen auf umweltfreundliche Elektrofahrzeuge um. Damit leisten sie nicht nur einen erheblichen Beitrag zur Reduktion der CO2-Emmissionen ihrer Fahrzeuge, sondern senken auch ihre eigenen Kosten, beispielsweise für Kraftstoffe. In Kombination mit eigenen Ladelösungen machen sie sich zudem unabhängig von öffentlicher Ladeinfrastruktur. 

Doch der Austausch von Dieselfahrzeugen gegen Stromer kann meist nur Schritt für Schritt erfolgen. Die Neuanschaffung von elektrobetriebenen Lkw und Bussen ist teuer. Außerdem stellt sich die Frage, was mit den bisher genutzten Verbrennern passiert. Sie einfach zu verschrotten, widerspräche dem Nachhaltigkeitsgedanken der Elektromobilität und ist ökonomisch oftmals nicht vertretbar. Darum etabliert sich zunehmend auch in Sachen Elektromobilität eine besonders ressourcensparende Strategie: das Retrofitting.

Was ist Retrofitting?

Der Begriff kommt aus dem Englischen und steht für die Nachrüstung bzw. Modernisierung bestehender Anlagen oder Betriebsmittel. Angewendet auf die Elektromobilität bedeutet es, dass Bestandsfahrzeuge mit konventionellem Verbrennungsmotor auf einen Elektroantrieb umgerüstet werden. Aus dem Diesel wird also durch den Austausch einzelner Baugruppen ein Stromer. Das erspart dem Unternehmen die Investition in ein elektrobetriebenes Neufahrzeug.

Wie funktioniert Retrofitting?

Um ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor zum Elektro-Nutzfahrzeug oder E-Bus umzurüsten, wird der Motor ausgetauscht und mit dem vorhandenen Getriebe verbunden. Zum Zubehör des neuen Elektromotors zählen die Batterie und eingebautes Ladegerät, Steuerung, Heizung, notwendige Kabel sowie ein DC/DC-Wandler. Er tritt an die Stelle der Lichtmaschine und versorgt die Elektronik des Fahrzeugs mit Strom. Eine Veränderung des Übersetzungsverhältnisses kann dabei auch zu einer Erhöhung der Drehzahl und damit der Beschleunigung führen. Diese Arbeit wird von Fachfirmen übernommen bzw. vorbereitet. Durch den Wegfall des Verbrennungsmotors werden auch Tank- und Auspuffanlage unnötig.

Wie wirtschaftlich ist ein Umbau?

Trotz verhältnismäßig hoher Kosten ist die Umrüstung von Bussen und Nutzfahrzeugen von Verbrenner auf Elektro sowohl unter ökonomischen als auch ökologischen Gesichtspunkten interessant für Unternehmen.

Wirtschaftliche Vorteile

  • Die Umrüstung von Bestandsfahrzeugen von Verbrenner- auf Elektroantrieb ist nur etwa halb so teuer wie die Anschaffung eines Neufahrzeugs
  • Kürzere Fertigungszeit
  • Fahrzeuge mit Elektromotoren sind deutlich wartungsärmer als dieselbetriebene Busse und Lkw
  • Strom ist günstiger als Kraftstoffe auf fossiler Basis, dadurch geringere Betriebskosten
  • Möglichkeit der Nutzung von kostenfreier Solarenergie

 

Ökologische Vorteile

  • Vorhandene Fahrzeuge werden weiterhin genutzt und müssen nicht verschrottet werden.
  • Wegfall von Feinstaub-, Stickoxid- und CO2-Emmissionen durch Nutzung von Strom als Energiequelle.

 

Weitere Vorteile

  • Abgasfreiheit und leiser Antrieb gestatten den Betrieb des Fahrzeugs bei laufendem Motor auch in geschlossen Räumen (z. B. Hallen, Ställe) und in Wohngebieten

Wo bietet sich das Retrofitting der bestehenden Fahrzeugflotte an?

Ein schrittweiser Umbau des bestehenden Fuhrparks von Verbrenner- auf Elektroantrieb rentiert sich derzeit insbesondere in Unternehmen, in denen eher kurze Strecken (bis ca. 200 km) zurückgelegt werden. Gelegentliche oder regelmäßige Standzeiten können zur Aufladung genutzt werden.

Geeignete Einsatzgebiete umgerüsteter Fahrzeuge sind beispielsweise:

  • kommunale Entsorgungsunternehmen (z. B. Stadtwerke
  • kommunale oder regionale Verkehrsunternehmen (z. B. Linien- und Schulbusverkehr, Stadtrundfahrten
  • Bauunternehmen
  • Handwerksbetriebe
  • Transportunternehmen (insbesondere Kurz- und Mittelstrecke)
  • landwirtschaftliche Betriebe
  • Unternehmen der Garten- und Landschaftspflege

Wird die Umrüstung finanziell gefördert?

Die Bundesregierung bezuschusst auf vielfältige Weise den Umstieg auf Elektroantriebe. So gibt es zum Beispiel Sonderabschreibungen für E-Nutzfahrzeuge und ein Förderprogramm für die Anschaffung von Elektrobussen im öffentlichen Nahverkehr. Darüber hinaus hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) das Gesamtkonzept Klimafreundliche Nutzfahrzeuge erarbeitet. Ein Herzstück sind die Förderprogramme. Werden bestimmte Kriterien erfüllt, ist die Umrüstung auf Elektroantrieb dem Neukauf inzwischen gleichgestellt. 

Die „Richtlinie zur Förderung von Nutzfahrzeugen mit alternativen, klimaschonenenden Antrieben und dazugehöriger Tank und Ladeinfrastruktur“ (KsNI) unterstützt beispielsweise sowohl die Anschaffung umgerüsteter Neufahrzeuge als auch die Umrüstung von Bestandsfahrzeugen. Bis zu 80 Prozent der Investitionsmehrausgaben werden vom Staat erstattet. Investitionsmehrausgaben sind die notwendigen Ausgaben, um anstelle eines Nutzfahrzeugs mit konventionellem Antrieb und höchster Schadstoffklasse ein vergleichbares E-Fahrzeug zu erwerben oder umzurüsten. Alle Details zur Förderung sind in einem Merkblatt zusammengefasst.

Vattenfall-Fazit

Weil die Umrüstung eines vorhandenen Verbrenners auf Elektroantrieb nur etwa halb so teuer ist wie die Neuanschaffung eines E-Fahrzeugs, kann der schrittweise Umbau des bestehenden Fuhrparks eine lukrative Lösung für Unternehmen sein. Insbesondere Flotten, die eher kurze Strecken zurücklegen sind für ein Retrofitting prädestiniert. Neben Kosten werden auch Ressourcen gespart und die Emissionen reduziert. Die Mehrkosten werden durch Förderprogramme aufgefangen.

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