Foto: CUPRA
25.05.2023 | 4 Minuten

Elektro-Rennwagen zeigen Wege in eine emissionsfreie Autozukunft


Formel E, Extrem E und ETCR beweisen: Motorsport und Umweltfreundlichkeit sind kein Gegensatz, sondern Testfeld für nachhaltige Antriebe und machen E-Autos salonfähig.

Der Motorrennsport sucht seine Zukunft

Die Formel 1 hat eine riesige Fan-Gemeinde und ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. 2,6 Mrd. US-Dollar Umsatz erzielte die Rennserie im Jahr 2022. Doch sie hat auch ein Problem. Denn während die Rennwagen über kurvige Strecken im Kreis fahren und sich die geschicktesten Lenkenden und ausgetüftelten Motoren messen, stoßen die Verbrennermotoren riesige Mengen Kohlendioxid aus. Für viele ist die Formel 1 die Dreckschleuder unter den Sportarten und eine überflüssige Umweltsünde.  

Zwar gibt es immer wieder Argumente für den Motorrennsport, insbesondere als Wegbereiter für neue Techniken. Er gilt als Vorbild für effiziente, sichere und leichte Fahrzeuge. Auch die Übertragung von Kommunikations- und Datenverkehrssystemen aus der Formel 1 auf Krankenhäuser wird genannt. Die Frage aber ist: Braucht es dafür Verbrennermotoren? Und mehr noch: Wenn der Rennsport gepriesen wird für den vielfältigen und hilfreichen Technologietransfer, dann bietet er sich ja geradezu dafür an, die Elektromobilität voranzutreiben. Und genau das geschieht derzeit.

Elektromobilität braucht ein attraktives Image

Die Gegner mögen einwenden, dass E-Rennwagen unattraktiv sind, weil sie nicht die Geschwindigkeit abrufen können wie V8-Motoren. Elektromobilität hat zwar das Image von Umweltfreundlichkeit, gilt aber auch als Spaßbremse. Dabei gibt es spannende Alternativen zum Verbrennermotor, die sogar Klima- und Umweltschützer gutheißen können. 

Rennen zwischen Elektroautos gibt es seit knapp zehn Jahren. Doch es wäre zu viel gesagt, die Formel E als prominentes Beispiel zu betiteln. Denn selbst nach ihrer neunten Saison fristet sie das Dasein eines Mauerblümchens. Obwohl die neuen Elektrorennautos der dritten Generation mittlerweile auf 476 PS kommen, ist das Interesse an der Serie mit E-Rennautos gering.

Formel E im Schatten der Formel 1

Die Formel E wird ebenso wie die Formel 1 von der FIA, der Fédération Internationale de l’Automobile, veranstaltet. Im Jahr 2014 zunächst auf Stadtkursen durchgeführt, wird der Wettkampf unter den E-Rennwagen seit der Saison 2020/21 unter dem offiziellen Weltmeisterschaftsprädikat der FIA und dem Namen ABB FIA-Formel-E-Weltmeisterschaft ausgetragen.  

Der Unterschied zwischen Formel E und Formel 1 ist unüberhörbar. Während konventionelle Rennwagen für aufheulende Motoren stehen, bringen die elektronischen Pendants nur ein entspanntes Summen hervor.  

Die FIA will mit dieser klimafreundlicheren Variante des Rennsports vor allem junge und neue Zielgruppen ansprechen. Auch soll die Elektro-Rennserie die Entwicklung von Elektroautos vorantreiben und sie in der Breite attraktiver machen. Dazu passt das Konzept, das sich von der Formel 1 unterscheidet. Die Rennen der Formel E kommen zu den Menschen, indem sie vorwiegend in eigens entworfenen Strecken in Stadtzentren stattfinden. Auf diese Weise soll Elektromobilität im städtischen Raum beworben werden, also dort, wo sie künftig auch vermehrt eingesetzt werden soll. Zudem sehen Autohersteller und Zulieferer-Firmen die Chance, Neuentwicklungen in der E-Mobilität sowie Bauteile unter Extrembedingungen zu testen, um erfolgreiche Produkte künftig in Serienwagen einzusetzen. 

Ein Rückschlag der Formel E ist, dass sich große Marken wie BMW, Mercedes und Audi zurückgezogen haben. Maserati dagegen ist in der Saison 2022/23 hinzugekommen. Abt Sportsline kehrt in die FIA-Formel-E-Weltmeisterschaft zurück, nachdem Abt zuvor mit Audi unterwegs war. Der Formel E gehören neben Abt Autohersteller wie Porsche, Cupra (Seat), Nio, DS (Stellantis), Jaguar, Mahindra und Nissan an.  

Rennen mit Elektroautos werden nicht nur in der Formel E, sondern auch in der Extreme E und dem FIA RX2e Championship, einer Ralleycross-Meisterschaft, ausgetragen.

Wenn Rennsport die Nachhaltigkeit fördert

Dass Rennsport und Umweltschutz Hand in Hand gehen und eine Win-Win-Situation schaffen können, dafür steht Extreme E. Bei diesem elektrischen Offroad-Rennsport werden vollelektrische SUV eingesetzt. Im April 2021 wurde das erste Rennen gefahren. Der Name Extreme bezieht sich auf die ausgefallenen, extremen Regionen. Veranstalter und Teilnehmende wollen mit der emissionsfreien Version des Motorsports auf die sichtbaren Folgen des Klimawandels aufmerksam machen, weshalb bewusst auf die Wahl der Rennstrecken geachtet wird, die als Symbol der Umweltzerstörung dienen soll. Als erste Kulisse wurden 2020 die Pyrenäen als Rennstrecke ausgewählt.  

Die Veranstalter von Extreme E gehen noch weiter. An allen Rennorten leisten sie gemeinsam mit lokalen Umweltinitiativen einen Beitrag zur Sanierung und Wiederherstellung beschädigter Ökosysteme. Bereits ein Jahr vor Rennbeginn wurde ein wissenschaftliches Komitee gegründet, das dafür zuständig ist, den Rennbetrieb so umweltschonend und nachhaltig wie möglich zu gestalten.

E-Rallyecross soll Technologie vorantreiben

Hinter dem Namen RX2e steckt eine Rallyecross-Meisterschaft mit batterie-elektrisch angetriebenen Fahrzeugen, die von der FIA unterstützt wird. Als Pionierserie fand das erste RX2e-Event im Rahmenprogramm der FIA Rallyecross-Weltmeisterschaft (WRX) im Juli 2021 in Spanien statt.

Eingesetzt werden durchweg einheitliche Fahrzeuge, die Spitzenleistungen von 250 kW (335 PS) erreichen. Damit sollen Technologieentwicklung, Kosteneffizienz und das individuelle Talent der Rennfahrerenden im Vordergrund stehen.

Elektrisch von 0 auf 100 in 2,7 Sekunden

Ohne Vorbild in der Verbrenner-Serie ist ETCR, die erste vollelektrische Tourwagenserie, die 2021 ihr Debüt unter dem Namen „Pure ETCR“ hatte. Sie beweist sehr eindrucksvoll, dass Elektromobilität ein rasantes Vergnügen sein kann.   

An den Start gingen bei der Premiere namhafte Hersteller wie Cupra und Hyundai sowie das Privatteam Romeo Ferraris. Seit 2022 gehört die Tourenwagenserie zum internationalen Automobil-Dachverband FIA mit dem „FIA eTouring Car World Cup“. Die Rennfahrer treten in einzelnen kleinen Rennen gegeneinander an. Wie beim Rallyecross wird der überwiegende Teil der Veranstaltungen in kurzen „Battles“ ausgetragen, an denen immer nur ein Teil aller Fahrzeuge teilnimmt. Herzstück ist das Auftanken. An der „Energy Station“ werden die Fahrzeuge geladen. Die Energie stammt dabei aus umweltfreundlichen Wasserstoff-Brennstoffzellen. Eine Stunde benötigt die Batterie, um von zehn auf 90 Prozent ihrer Kapazität geladen zu werden.  

Hier haben die Veranstalter aus der Not der deutlich geringeren Reichweite von Elektro-Rennautos eine Tugend gemacht. Zwar halten die Akkus heute deutlich länger als noch vor ein paar Jahren, als die Rennfahrer ihre Rennwagen mitten im Rennen wechseln mussten. Doch der Ladevorgang kann weiterhin längst nicht mit dem Auftanken von Tourenwagen mit Verbrennermotor mithalten.  

Das Besondere von ETCR ist, dass allen Rennställen der ETCR ein einheitliches Antriebspaket zur Verfügung gestellt wird. Alle Wagen werden mit den gleichen Motoren, Invertern, Batterien, elektronischen Kontrolleinheiten und Kühlsystemen ausgestattet.  

Zwei Elektromotoren an der Hinterachse können Spitzenleistung im Standard-Rennmodus von 300 kW (408 PS) beziehungsweise 450 kW (603 PS) bewirken. Kurzfristig kann im Power-up-Modus die maximale Leistung von 500 kW (680 PS) erreicht werden. Von 0 auf 100 km/h schaffen es die E-Tourenwagen Innerhalb von 2,7 Sekunden. Sie stellen die leistungsstärkste Fahrzeugklasse im Tourenwagen-Motorsport und sind bester Beweis dafür, dass E-Rennen gegenüber dem konventionellen Motorsport nicht nur mit Blick auf die Umwelt überlegen sein kann.  

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